7.September….

Duo Gramenz und Kühn (FOTO: KATHREIN)

Armin Nufer (FOTO: M. RIYAZI)

Musik und Texte zur Erinnerung an Hans Werner Henze und Ingeborg Bachmann

(wiesbadender kurier, 9. september 2017)

Von Anja Baumgart-Pietsch
WIESBADEN – Hans Werner Henze und Ingeborg Bachmann pflegten eine tiefe Freundschaft, die Jahrzehnte überdauerte, fast eine Liebesbeziehung – dokumentiert in künstlerischer Zusammenarbeit und in vielen Briefen. Die Wiesbadener Musiker Sabine Gramenz und Malte Kühn sowie der Schauspieler Armin Nufer haben in der Villa Clementine in einem dreistündigen Marathon an beide Künstler erinnert. Musik und Texte wechselten sich dabei ab, und auch das informative Element kam nicht zu kurz.
Blick in die Gedankenwelt des Komponisten
Das Duo Gramenz und Kühn, sonst eher bekannt für Abende mit „leichter Muse“, hatte sich die „Fünf neapolitanischen Lieder“ Henzes sowie die „Lucy Escott-Variationen“ vorgenommen und bot die eher sperrig daherkommende Musik mit großer Empathie dar. Malte Kühn erklärte dabei musikalische Besonderheiten der Kompositionen, die auch einen Einblick in die Gedankenwelt des Komponisten ermöglichten.
Hans-Werner Henze, wie Ingeborg Bachmann 1926 geboren, war in den 1950er Jahren auch einmal Ballettdirektor in Wiesbaden; auch das Komponistenporträt des Rheingau Musik Festivals war ihm im Jahr 2000 gewidmet. 2012 starb Henze.
Ingeborg Bachmann, an die noch ein bedeutender Literaturpreis erinnert, war ein viel kürzeres Leben vergönnt. Die getriebene, suchtkranke, vielfach preisgekrönte Dichterin wurde nur 47 Jahre alt. Armin Nufer verlieh ihr kongenial seine Stimme, las fast szenisch zahlreiche Auszüge aus ihren Prosatexten und viele ihrer Gedichte. Und er schilderte in Streiflichtern ihr Leben, ihre Freundschaft zu Henze, ihre Beziehungen zu Max Frisch und anderen Männern, mit denen für sie nie wirkliche Befriedigung einherging.
„Wie soll ich mich nennen?“, fragt Bachmann, „eine Taube? Einen rollenden Stein?“ Unbehaust und heimatlos wirken viele ihrer Texte, manche dezidiert gesellschaftskritisch oder politisch, wie „Freies Geleit“, unter dem Eindruck der Atombombentests der 50er Jahre verfasst, manche auch optimistisch: „Nichts Schön’res unter der Sonne, als unter der Sonne zu sein…“
Henze und Bachmann schrieben gemeinsam Opern, Hörspiele, und immer wieder waren sie sich als Freunde nahe, reisten nach Italien, stützten sich gegenseitig nach Enttäuschungen. Das konnte das Trio im Literaturhaus vor kundigem, interessiertem, zahlreichem Publikum farbenreich darlegen. „Mir ist völlig klar, dass die Freundschaft mit Dir die wichtigste menschliche Beziehung ist, die ich habe, und das soll sie auch bleiben. Ich habe immer an Dich geglaubt, und an Dich werde ich glauben bis ans Ende meines Lebens. Und wo und wann sich unsere Wege auch immer kreuzen werden, es wird ein Fest sein“, schreibt Bachmann an Henze, rezitiert von Armin Nufer.
Zwei Künstlerbiografien, denen es nachzugehen lohnt, auch und gerade weil die Werke Konzentration und Aufmerksamkeit verlangen, nicht eben mal so konsumiert werden können. Das wurde an diesem spannenden Abend sehr deutlich: Langer, herzlicher Beifall für Gramenz, Kühn und Nufer zeigte, dass Ingeborg Bachmann auch über 40 Jahre nach ihrem tragischen Tod keinesfalls dem Vergessen anheimgefallen ist.

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