SCHRIFTSTELLER*INNEN IM EXIL
Prosa, Gedichte und Sachtexte gelesen von Armin Nufer
Lieder, Musik und Balladen – interpretiert von Sabine Gramenz und Malte Kühn
DI – 26. NOV – 19.30 h
Warum verlassen Menschen ihre Heimat, ihre Kultur und gehen in ein Land,
dessen Sprache, Mentalitat und Klima ihnen fremd ist? Viele deutschsprachige Autor*innen wurden v.a. in den 1930er und 40er Jahren geächtet und verfolgt,so dass nicht wenigen nur der Ausweg ins Exil blieb.
Die Schriftsteller*innen gehörten ungewünschten Ethnien an, waren regierungskritisch, politisch aktiv oder homosexuell.
Es werden Texte gelesen, die vor, während und nach der „Machtergreifung“ entstanden sind. Von Brecht, Horvath, E.Mann, Keun, Kaleko, H.Sahl, Seghers, Tucholsky, G.Weil u.a. – Dazu gibt es Kompositionen von Eisler, Weill, Schönberg, Hartmann und Robert Stolz.
Erlauternde Worte und biografisches Material zu den Kunstlern*innen sowie Informationen über Menschen die heute im Exil leben ergänzen das Programm.
KARTEN € 11 / erm. € 9, Reservierungen unter armin_nufer@yahoo.de oder 0173 – 957 96 56
Veranstaltungsort Literaturhaus Villa Clementine, Frankfurter Str. 1, Wiesbaden
Veranstalter Nufer, Gramenz, Kühn mit Unterstützung des Literaturhauses
Besprechung von Viola Bolduan im Wiesbadener Kurier am 28.11.19 https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/wiesbaden-abend-uber-verfolgte-kunstschaffende-im-exil_20786856
Abend über „Verfolgte Kunstschaffende im Exil“ – Von V. Bolduan
Im Literaturhaus referierte Armin Nufer, begleitet von Sängerin Sabine Gramenz und Malte Kühn am Flügel – und schlug einen Bogen zu Migranten und Flüchtlingen in heutiger Zeit.
WIESBADEN – „Schlage keinen Nagel in die Wand …“ Als Bertolt Brecht seine „Gedanken über die Dauer des Exils“ 1937 schrieb, war er schon vier Jahre im Exil, und es sollten elf weitere folgen, ehe er 1948 wieder in Deutschland, Ost-Berlin, Fuß fasste. In Emigration Lebende haben Nägel einschlagen müssen – doch innerhalb ihrer Wände waren sie nicht zu Hause. Über „Verfolgte Kunstschaffende im Exil“ referierte Armin Nufer im Literaturhaus, begleitet von Sängerin Sabine Gramenz und Malte Kühn am Flügel.
Brecht, Kurt Tucholsky, Erich Maria Remarque, die Familie Mann, Elke Lasker-Schüler, Irmgard Keun, Anna Seghers, Grete Weil – sind bekannte Exilanten während der NS-Zeit, aufgrund ihres Schreibens, der politischen Haltung, jüdischen Herkunft. Unter den Komponisten emigrieren Arnold Schönberg, Hanns Eisler, Kurt Weill, Robert Stolz. Das Duo Sabine Gramenz und Malte Kühn erinnert an sie, wie Armin Nufer in seinem Vortrag an die Literaten. Es sind Deutschsprachige, und ihre Exilzeit datiert ins vergangene Jahrhundert. Heute sind knapp 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht und leben viele Migranten aus unterschiedlichen Herkünften und Kulturen in Deutschland. Armin Nufer macht am Beginn seiner Veranstaltung deutlich, dass für jeden heute wie damals Exil immer Wagnis, Fremdheit, Ausgrenzung bedeutet. Vor allem: Wie weiterschreiben in fremdsprachiger Umwelt – auch wenn die Bücher, nicht wie 1933 in Deutschland, zu Hause tatsächlich verbrannt werden?
Armin Nufers Namens- und Jahreszahllisten der deutschsprachigen Autoren sind lang, und nicht jedes biografische Detail mag im Gedächtnis des Publikums geblieben sein. Seine fein akkurate Diktion des Vortrags und einnehmend warme Stimme klingt freilich immer nach. Und dennoch braucht es Sabine Gramenz’ Glockenstimme über dem Grauen der eisigen „Kälte“ (von Walter Mehring) und der Dumpfheit der marschierenden Kälber (Brecht), wie Hanns Eisler das Horst-Wessel-Lied verhöhnt, dass wir nicht stecken bleiben im geschilderten Elend. Sie wiederum braucht den abfedernden Boden der Tastatur, absolut zuverlässig ausgelegt von Malte Kühn. Als Solist scheut der Pianist nicht die diffizil atonalen „Sechs kleinen Klavierstücke“ Arnold Schönbergs und beweist mit der Sopranistin gemeinsam Vielseitigkeit mit dem Fast-Schlager von Robert Stolz/Robert Gilbert „Wohin ist das alles, wohin?“, oder Kästners „Ansprache einer Bardame“. Kästners antimilitaristisches und männercharakterisierendes „Spielzeuglied“ gibt es dann als Zugabe nach einem langen Abend, der Namen derer, die heute in Deutschland im Exil leben, nicht vergisst. Von Heimat können sie nur noch erzählen, sie nicht mehr erleben. Ob Brechts Schlussverse im Gedicht „Über die Bezeichnung Emigranten … Aber keiner von uns/Wird hier bleiben. Das letzte Wort /Ist noch nicht gesprochen“ noch gelten können?